Wie du mich siehst

Autor: Tahereh Mafi 
Verlag: Fischer Verlag / Sauerländer Verlag 
Preis: 16,00 € 

„Mittlerweile fragte mich niemand mehr, warum ich Kopftuch trug. Die Leute bildeten sich ein, die Antwort zu kennen, obwohl die meisten komplett daneben lagen. Ich trug es nicht, weil ich eine Nonne sein wollte, sondern weil ich mich damit geborgen fühlte – weniger verwundbar.“



„Wie du mich siehst“ ist ein Roman der kurz nach dem 11. September spielt, aber ich finde er passt auch sehr gut in unsere heutige Zeit. Eine Zeit die trauriger Weise immer noch mit Vorurteilen und Fremdenhass geprägt ist. In der Frauen und Männer sich tatsächlich noch für Ihren Glauben, ihr Aussehen und ihre Meinung rechtfertigen müssen. Der Roman von Tahereh Mafi ist ein wundervolles Buch, welches zeigt, wie schlimm es sein kann, wenn man einen anderen Glauben hat und was es mit dem Betroffenen macht. Es hat mir sehr gut gefallen, das man hier zwei Perspektiven bekommt. Einmal die Seite derjenigen, die Shirin schlecht behandeln und dann die Seite von Shirin und ihrer eigenen Gefühlswelt. Shirin ist nach vielen Rückschlägen eine sehr zurückgezogene und misstrauische Person. Sie begegnet alles Menschen um sich herum mit Desinteresse und teilweise einem geradezu aggressiven Verhalten und wird sich erst nach und nach bewusst, wie sehr sie sich eigentlich abgeschottet hat, weil sie Angst hat, das man sie wieder Ausgrenzt und verletzt. Erst durch Ocean, der sich trotz Shirins bemühen nicht abschütteln lässt, kommt sie langsam aus sich heraus und beginnt zu begreifen, das sie teilweise selbst Schuld an der Reaktion ihrer Mitmenschen ist. Mit viel Geduld und Hartnäckigkeit knackt Ocean ihren Panzer, der ebenfalls aus sehr vielen Vorurteilen ihrer Mitmenschen gegenüber besteht, und die beiden kommen sich näher. Die süße und sachte Liebesgeschichte der beiden Protagonisten macht aber nur einen teil des Buches aus und ich fand es sehr toll, das auch andere Themen in den Mittelpunkt gerückt wurden. Allen voran die Diskriminierung und die Angst vor Andersgläubigen. Aber auch wie schnell die Menschen ihre Meinung ändern, wenn etwas „cooles“ passiert und man gezwungen wird, den „Feind“ plötzlich in einem anderen Licht zu sehen. Den Umschwung, den die Leute plötzlich machten, fand ich extrem und so typisch für unsere Gesellschaft. Aber ich möchte hier nicht zu viel verraten … bei dem Thema könnte ich mich leider Stundenlang aufregen. Für mich ist es unvorstellbar solche Vorurteile zu haben. Jemanden wegen seines Glaubens auszugrenzen und teilweise „zu Jagen“ stößt bei mir regelmäßig auf Unverständnis. Man sollte niemanden über einen Kamm scheren, weder Frauen noch Männer, Christen oder Moslems, Hetero- oder Homosexuelle … in jeder Gruppe gibt es Gut oder Böse, nett oder unfreundlich, arm oder reich … wir sollten uns mehr bemühen, die Menschen erst kennenzulernen, bevor wir ein Urteil bilden und sollten immer daran denken, das wir selbst auch nicht „abgestempelt“ werden wollen!

Dieses Buch ist eines meiner Jahreshighlights. Nicht weil es so fantastisch geschrieben ist (Es ist sehr schön, aber ich habe schon besseres gelesen), sondern weil es uns die Botschaft vermittelt, nicht nur in Schwarz und Weiß zu denken. Es regt uns dazu an, Dinge und Menschen zu hinterfragen und nicht aufzugeben, egal wie schwierig es manchmal ist. Wir alle sind Kinder der selben Erde und so sollten wir uns auch Verhalten! 

Fazit: Tahereh Mafi hat einen aufwühlenden und gesellschaftskritischen Roman geschrieben, den wir uns alle als Beispiel nehmen sollten, wie furchtbar Vorurteile (auf beiden Seiten) sind und was für Auswirkungen sie haben. Ihre Charaktere durchleben die verschiedensten Situationen und man begleitet sie durch allerlei Tiefen und Höhen. Dieses Buch war mir ein großen Vergnügen und ich danke der Autorin für diese wundervolle Geschichte. 

Bewertung: 5 von 5